NEUE KUNST IN ALTEN GÄRTEN

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Markus Wirthmann
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Alchemie

Nicht wenige der künstlerischen Werke von Marcus Wirthmann haben den Kunstkritiker Peter Lang an die Arbeit von Alchemisten erinnert und an die hohe Wertschätzung von Kristallen als Kunstobjekte in der Zeit des Barock. Vor allem mit Salzlösungen hat der Künstler immer wieder experimentiert, so in „Salzbilder“ (2008), in denen nach Verdunstung des Wassers das Salz auf den Leinwänden prächtige, reliefartige, kristalline Strukturen hinterlassen hat.

Selbst wenn Wirthmanns Werk für Lenthe nicht mit Kristallisation arbeitet, spielen Prozesshaftigkeit und chemische Reaktion doch auch bei ihm eine Rolle. Für seine Installation hat der Künstler ein acht Meter langes, 1 Meter breites und 0,30 Meter tiefes Becken im Park des Untergutes ausheben und mit einer weißen Plane ausschlagen lassen. Dann wurde es mit Wasser gefüllt, das sich durch Zugabe von Uranin gelb gefärbt hat.

Der fluoreszierende, in der Chemie als Indikator genutzte Farbstoff hat die Eigenschaft, unter UV-Licht allmählich zu zerfallen. Was bedeutet, dass im Verlauf der Ausstellung, sich das Wasser wieder entfärben wird. Als würde wie im Bibelgleichnis das zuvor in Wein verwandelte Wasser am Ende wieder zu Wasser. Poesie wird zu Prosa, und im Prozess der Ernüchterung wird für dieses Mal die Praxis der Kunst, mit Metamorphosen zu operieren, von ihrem Ende her thematisiert.

Die schönste Metamorphose des Werks besteht indes in der Verwandlung des Wasserbeckens zu einem leuchtend gelben Strich in der Landschaft. Der ist wie ein eindrücklicher Fingerzeig in Richtung der Minimal Künstler, in der Kunst mehr als nur eine Grammatik kartesianischer Formen und Formeln zu erkennen, sondern auch die staunenswerte Kraft, uns gelegentlich ein X für ein U vorzumachen.

(Michael Stoeber)


Uraninium
Wässrige Fluorescein-Natrium-Lösung
(Uranin-Lösung), Wasserbecken
2016



Vita

Markus Wirthmann
www.markus-wirthmann.de

1986-93 Hochschule für bildende Kunst Braunschweig und Hochschule der Künste Berlin seit 1991 Stipendien verschiedener Organisationen (Cusanuswerk, Senat Berlin, Land Niedersachsen, Kunstfonds)

1998–04 Künstlerischer Mitarbeiter an der HdK (seit
2001 UdK) Berlin
2002 Förderpreis für Zeitgenössische Kunst des Neuen
Kunstvereins Aschaffenburg
2003 Otto-Dix-Preis 2003, Gera und Stuttgart
seit 2006 Gastprofessuren und Lehraufträge an verschiedenen
Kunsthochschulen
2014 Artist in Residence and Visiting Professor, Amherst
College, Amherst, MA

Ausstellungen (Auswahl)
2007 „Die Elbe [in]between – Wasser, Ströme, Zeiten,
Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen, Magdeburg
2008 „Küchenwissenschaften/Kitchen Sciences“,
Kunsthaus Erfurt
„Äolische und andere Prozesse“, Kunstverein Grafschaft
Bentheim, Neuenhaus
2009 „Still/Moving/Still“, Internationaal Fotofestival
Knokke-Heist, Belgien
„Nahrung“, Rote Fabrik, Shedhalle, Zürich
2010 „Stark 19, schwach 20“, Kunstverein Würzburg
„IRIS. Farbe in der zetigenössischen Kunst“, Neuer
Kunstverein Gießen
2011 „Tracht und Habitus“, Orangerie am Schloß
Charlottenburg, Berlin
„Äolik in der Streusandbüchse“, Georg-Kolbe-Museum,
Berlin
2012 „Using Photography“, Künstlerhaus Dortmund
2013 „Kunst in Berlin 1945 bis heute“, Berlinische
Galerie – Museum für moderne Kunst, Berlin
„Gegenwelten“, Kunsthistorisches Museum Schloss
Ambras, Innsbruck
2014 „mural“, Eli Marsh Gallery, Amherst College,
Amherst, MA
„Tracht & Habitus (remix)“, Museum gegenstandsfreier
Kunst, Otterndorf
„Weiß – Aspekte einer Farbe in Moderne und
Gegenwart“, Museum im Kulturspeicher Würzburg
2015 „A Book of Burning Matches: Collecting Installation
Art Documents“, me Collectors Room, Berlin
2016 „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ Kunsthaus Erfurt
„PASSION“, Künstlerhaus Bethanien, BerlinMúzeum
Ludwig, Budapest,
„Los der Kybernetik“, Neuer Kunstverein


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