Werner Pokorny
Der Mensch als Turm
Werner Pokorny ist ein Bildhauer, der Kontraste und Ambivalenzen schätzt. Das wird bereits in der Wahl seiner Materialien deutlich. Er arbeitet ausschließlich mit afrikanischen Hölzern oder rostendem Corten- Stahl. Zwei Stoffe, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Der eine verdankt sich der Natur, der andere der Kultur. Pokorny interessieren mögliche Berührungen zwischen ihnen. Die sieht er unter anderem im Alterungsprozess, dem beide Materialien unterliegen. Der verbindet sie für ihn in entschiedener Weise mit der existenziellen Situation des Menschen.
Die verhandelt Pokornys auch in seinen beiden Werken aus rostendem Stahl im Untergut. Lakonisch und unpathetisch, wie es seine Art ist. „Turm II“ aus dem Jahre 2013 zeigt uns ein labiles Ensemble aus einem spielerisch übereinander gestapelten Kubus, zwei Quadern und einem Ring. Auf ihnen steht als letztes, reduziert auf eine einfache, gleichfalls geometrische Grundform, ein Haus, wie wir es häufig im Werk Pokornys finden. Es ist eine Metonymie des Menschen, der hier, wie so oft im Leben, auf schwankendem Grund steht.
Noch deutlicher ist das in „Turm IV“ (2014) der Fall. Da haben die Lebensstürme die Häuser zum Teil regelrecht umgeworfen. Drei geöffnete Hausformen und ein Quader bilden das Werk. Wieder befindet es sich in Spannung zwischen Stabilität und Labilität, Ordnung und Chaos. Hinzu kommt der Gegensatz von offener und geschlossener Form und mit ihm der Kontrast von Schwere und Leichtigkeit. Einmal mehr kündet das schlanke Haus, das den Turm krönt, von stolzer Selbstbehauptung angesichts aller Verwerfungen der Existenz, die unter und hinter ihm liegen.
(Michael Stoeber)
Turm II
Corten, 2013

Vita
* 1949 in Mosbach
1971–76 Studium an der Staatlichen Akademie der
Bildenden Künste Karlsruhe bei Baschang, Kalinowski
und Neusel
1974–76 Studium der Kunstgeschichte und der
Kunstwissenschaft an der Universität Karlsruhe und der
Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe
1988 Villa Romana, Gastaufenthalt
1989 Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg
1989-90 Gastprofessur an der Staatlichen Akademie der
Bildenden Künste Karlsruhe
1998- Professur für allgemeine künstlerische Ausbildung,
2013 Schwerpunkt Bildhauerei, an der Staatlichen
Akademie der Bildenden Künste Stuttgart
2006 Teilnahme am Busan Sculpture Project,
Biennale Busan, Südkorea
2013 Hans-Thoma-Preis,
Landespreis für Bildende Kunst Baden-Württemberg
