NEUE KUNST IN ALTEN GÄRTEN

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Timm Ulrichs
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Tanzende (rotierende) Bäume

Timm Ulrichs arbeitet mit den Koordinaten einer vertrauten und scheinbar stabilen Welt. Mit Himmelsrichtungen, Sachbegriffen, Zuordnungen – auch Hierarchien. Er durchdenkt, dichtet und verdichtet dabei und baut sie letztendlich um. So prüft er ihre intellektuellen Fundamente, ihre semantischen Dehnbarkeiten, zieht doppelte Böden und befreit sie aus ihrem zu eng geschnittenen Verständniskorsett.

Solche virtuos befreienden Vermessungen der Welt aber müssen vom Betrachter nicht nur einfach registriert – sondern selbst miterlebt werden. Denn es findet sich immer eine intellektuelle wie sinnliche Differenz zwischen dem, was Ulrichs auf den ersten Blick zeigt, und dem, was er damit in zweiter Instanz vermittelt.

Im Obergut von Lenthe stellt er drei Birken als Baumgruppe mitten in die Wiese.Weiße Rinde. Tadellos schlank. So vertraut, bekannt, richtig und schön. Doch wenn man sich den Bäumen nähert, beginnen sich die Birken zu drehen.

Natürlich ist bekannt, dass Bäume zum Ausdruck größten Erstaunens werden können.Wegen der Größe, ihres Alters, ihrer erdverbundenen Art. Aber sich selbst drehende Bäume – ein schwindelerregendes Spiel. Wenn Bäume sich drehen, ist die ewige Ordnung der Welt auch nicht sicher. Wenn Bäume sich um die eigene Achse drehen können, fällt sogar unser Verstand wie eine Murmel zu Boden. Und rollt.

Birken, Antrieb
0,85 m x 4–5 m
2008



Vita

* 1940 in Berlin, lebt und arbeitet in Hannover


1959–66 Architektur-Studium an der Technischen Hochschule Hannover
1961 Gründung der „Werbezentrale für Totalkunst“ (Selbstausstellung als „erstes lebendes Kunstwerk“ u.a.m.)
Seit 1969 „Kunstpraxis“ (Sprechstunden nach Vereinbarung)
1972–2005 Professur an der Kunstakademie Münster
1979 Niedersächsisches Künstlerstipendium
1983 Kunstpreis der NORD/LB, Hannover
1998 Niedersächsischer Kunstpreis 1998
1999 Kunstpreis der Künstler der Großen Kunstausstellung NRW Düsseldorf 1999
2001 Niedersachsen-Preis 2001 (Niedersächsischer Staatspreis 2001)
2003 Kunstpreis 2002 der SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag


Ausstellungen (Auswahl)
2005/2006
ART STUDIO 1, Deinste (E)
2005 Kunsthalle Recklinghausen (K),
Kunstverein Ingolstadt (K)
2004 Heck-Art-Galerie, Chemnitz (E),
Kunstverein Oerlinghausen (E),
Kunstverein Hannover (K)
2003 Kunsthalle K2, Semriach (E)
2002/03 Sprengel-Museum, Hannover (E, K),
ART STUDIO 1, Deinste (E)
2002 E-Werk, Freiburg ,
Galerie Voss, Dortmund
2001 Openluchtmuseum voor beeldhouwkunst, Middelheim (E)
2000 Ich, immer ich, Galerie Apex und Künstlerhaus Göttingen
Nord/LB-Galerie, Hannover , Städtische Galerie, Ravensburg
Rathaus, Wismar, Galerie der Stadt Remscheid (E,K)
1980 Lüdenscheid (E,K)
1977 Documenta, Kassel (K)

 


Tanzende (rotierende) Bäume

Timm Ulrichs works with the coordinates of a familiar and seemingly stable world.With points of the compass, technical terms, attribution – and also hierarchies. He thinks them through, versifies and diversifies them, and then he subsequently reconstructs them. In this way he tests their intellectual foundations, the semantic extensibilities, builds false bottoms and liberates from the all too tightly laced corset of understanding.

But such liberating virtuoso measurings of the world must be experienced by the viewer and not just registered. At first glance there is always an intellectual as well as sensual difference between that what Ulrichs shows and that what is conveyed by a second resort.

At the Upper Manor of Lenthe he places three birches as a group of trees right in the middle of the meadow. White bark. Impeccably slim. So familiar, well-known, true, and beautiful.

But the birches start spinning when you approach the trees. It is naturally known that trees can become the expression of great amazement. Due to their size, their age and their earthboundedness. But trees that spin under their own power – a staggering game. When trees spin, then the eternal order of things is no longer certain.When trees can spin around their own axis, then even our own intellect falls to the ground like a marble. And rolls.

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