NEUE KUNST IN ALTEN GÄRTEN

NEUE KUNST IN ALTEN GÄRTEN




Jaqueline Doyen
<< zurück   /    english version 

Salto

Jaqueline Doyens nennt ihr rechtwinklig konstruiertes Stangen- Gerüst überraschenderweise „Salto“.Tatsächlich erinnert es mehr an eine archaische Ertüchtigungshilfe aus der Trimm-Dich-Pionierzeit des Turnvaters Jahn. Unsere Sehnsucht nach Beherrschung von Körper und Geist ist ein ewiges Thema. Tausend Jahre alt und doch brandaktuell.


Die Künstlerin lässt offen, ob ihr ledergepolstertes Geviert eigentlich hält, was es verspricht: Ob die Stangen Halt geben sollen oder fehlende Haltung sanktionieren, ob sie zur Bewegung einladen oder zuviel an Salto verhindern. Erst wenn man selbst in die Stahlkonstruktion einsteigt, und sich zu setzen versucht, wird man sich verbogen, zur Schiefhaltung genötigt und bis zum Geducktsein eingeengt fühlen. Das ist der Moment, wo die Sehnsucht nach der inneren wie der äußeren Aufrichtung wächst. Denn wir brauchen den Halt der Horizontalen – aber wir lieben die Vertikale.


So wird nicht der Moment in der Nähe, sondern eher die Begegnung in gewisser Distanz zum eigentlichen Balance-Akt der Sichten. Denn hinter dem Gerät auf dem Rasen erstreckt sich in grüner Schräge eine selbst hier einzigartige Buchsbaumlandschaft. Ein Wellenerlebnis aus immergrünem Laub. Einzelpflanzen sind längst zu ineinander gehenden Buschwelten geworden. Dank vieler Arbeit. Und vor diesem Hintergrund wird das stählerne Gebilde plötzlich zur Orientierungshilfe ganz anderer Art. Nur exerziert wird hier keiner, aber erinnert: Üben als Kunst. Geduld als Weg. Salto im Kopf.


Stahl, pulverbeschichtet, Leder
ca. 1,1 m x 0,8 m x 2,3 m
2008



Vita

* 1978 in Frankreich, lebt und arbeitet in Hannover


2004–2005 Diplom, Meisterschülerin bei John Armleder HBK Braunschweig
2002–2005 Fortsetzung des Studiums, Freie Kunst, HBK Braunschweig, Klasse John Armleder
2001 Diplôme National d’Arts Plastiques Ecole Pilote Internationale d’Art et de Recherche,Villa Arson, Nizza(F)
1998–2002 Studium Freie Kunst Ecole Pilote Internationale d’Art et de Recherche,Villa Arson, Nizza(F)


Ausstellungen
2009 Claudia Kapp und Jacqueline Doyen, Preis des Kunstvereins Hannover, Kunstverein Hannover
2008 Un monde au milieu des étoiles, Art-en-Ile, espace d´art contemporain, Genf(Schweiz), Neue Kunst in Alten Gärten, Lenthe/Hannover, Überblick, Kunstverein, Hannover
2007 CVsBGs, HBK Braunschweig
2006 83. Herbstausstellung Heimspiel, Kunstverein Hannover
2005 Plattform#2, Kunstverein Hannover, Jungs gegen Mädchen Meisterschülerausstellung, HBK Braunschweig
2004 Yellow Pages et autres porjets du Team 404.
1997–2004, mamco, Genf, (Schweiz), Home alone, Stiftung Starke, Berlin
Bodie, HBK Braunschweig, Erdmöbel, Hannover
2003 Never Mind Your Step, Kunsthalle Palazzo, Liesthal / Basel, (Schweiz), Klasse Ausstellung,VHV, Hannover, Monorail, HBK Braunschweig, Braunschweig,Yellow Pages, Part 1,Turm Galerie, Helmstedt
2002 1004-Frozen Microwave, für das Projekt Gasthof, Manifesta, Staedle Hochschule Frankfurt


Stipendien, Residenz
2001–2002
OFAG-Stipendium, HBK Braunschweig
2006–2008 (bis Ende Oktober 2008) Preis des Kunstvereins Hannover, „Villa Minimo“,Wohn-und arbeitsstipendium, Hannover


 


Salto

Jaqueline Doyens surprisingly calls her scaffolding constructed at right angles “Somersault.” It in fact recalls an archaic fitness device from pioneering keep-fit era of the gymnastics educator Friedrich Ludwig Jahn in the early nineteenth century. Our longings to be in control of body and spirit are an eternal theme. A thousand years old but still red-hot.


The artist leaves it open to interpretation, if her leather-upholstered square in fact can and will fulfill that which it promises: whether the bars provide support or sanction a lack of support, whether it invites movement or hinders too much somersaulting. It is only when you climb into the steel structure and try to sit down, you will become bent, forced into a crouched position and feel so confined that you have to duck.That is the moment in which the longing for the inner as well as the outer straightening grows.We need the support provided by the horizontal, but we love the vertical.


It is therefore not the moment in closeness, but rather the movement in a certain distance that becomes the actual balancing act of the views. Because a box tree landscape a box tree landscape extends out on the lawn behind the device in a green diagonal that is unique even here. An experience of waves made of evergreen foliage. Individual plants have long become merged bush worlds.Thanks to much work. And the steel construction suddenly becomes a very unusual type of orientation aid against this background. Nobody exercises here, but remember: practice as art. Patience as the way. Somersault in the mind.

<< zurück / back 



 
impressum